Gehölzpflege: Straßen.NRW sichert die Verkehrswege und schützt Pflanzen

Fällkran

Fällkran - © Straßen.NRW

(straßen.nrw). Anfang Oktober hat für Straßen.NRW die Gehölzpflegesaison begonnen. Entlang der Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen werden Bäume und Sträucher zurückgeschnitten. Viele Verkehrsteilnehmer ärgern sich über mögliche Beeinträchtigungen im Verkehrsfluss, andere empfinden die Maßnahmen als eine Art “Kahlschlag”, vor allem, wenn ganze Bäume gefällt werden. Doch für Sven Kottsieper, zertifizierter Baumkontrolleur bei Straßen.NRW, geht es bei seinem Job vor allem um zwei Dinge: die Beseitigung von Gefahren oder anders ausgedrückt: die Gewährleistung der Verkehrssicherheit. Und um einen möglichst nachhaltigen Eingriff in die Natur.

Die Wittener Straße zwischen Hattingen und Witten: An der steilen Böschung sind Arbeiter im Auftrag von Straßen.NRW damit beschäftigt, Gehölz zu schneiden. Die Werkzeuge: zwei umgerüstete Lkw, jeder mit einem Drei-Finger-Greifer versehen. Einer davon schneidet die Bäume und legt die Äste zielgenau an der Böschung ab; der andere sammelt das Gehölz auf und verfrachtet es in einen Schredder. Bei all dem ist enormes Fingerspitzengefühl gefragt: Die Bäume dürfen auf keinen Fall auf die Straße fallen, denn der Verkehr fließt in der Zwischenzeit weiter – wenn auch einspurig.

Mit Maschinen schneller arbeiten

Sven Kottsieper beobachtet die Maßnahme genau. “Eigentlich müssten wir die Straße hier sperren”, so der Mitarbeiter von Straßen.NRW. “Doch das Verkehrsaufkommen hier vor Ort ist so hoch, dass wir den Verkehr zumindest auf einer Spur aufrecht erhalten. Würden wir die Arbeiten von Hand erledigen, müssten hier drei Leute zwei Tage lang arbeiten. Mit den Maschinen geht es deutlich schneller.”

Der Baumkontrolleur hat sich im Vorfeld jeden einzelnen Baum in diesem Bereich angesehen, hat festgelegt, was genau getan werden muss. Welcher Baum ist krank, welcher gesund? Welcher könnte zur Gefahr für Verkehrsteilnehmer werden? Für Kottsieper geht es um kleinste Details; seine Ergebnisse fließen in Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Meistereien in Pflegekonzepte ein. “Probleme bereitet seit etwa zwei Jahren vor allem die Esche”, erklärt er. Ein kleiner weißer Pilz, das Falsche Weiße Stengelbecherchen, setzt dem sonst so mächtig wirkenden Laubbaum massiv zu. Hinzu kommen die sich ändernden Wetter- und Klimaverhältnisse: Ursache des so genannten Eschentriebsterbens etwa sind die seit Jahren auftretenden längeren Trockenphasen, so der Baum-Experte. Die Äste bräuchten dringend Wasser, das aber gar nicht mehr oben in der Krone ankomme. Kottsieper: “Stattdessen saugt der Baum Luft an, die Zellen werden instabil, und Äste brechen ab.” Was nicht bedeutet, dass die Bäume von außen tatsächlich den Eindruck machen, sie seien krank. “Nach einem extrem trockenen Sommer sieht man die verursachten Schäden häufig erst nach zwei oder drei Jahren.” Nichtsdestotrotz sei es besser, die Arbeiten sofort vorzunehmen. “Es kann passieren, dass Bäume, die äußerlich wunderschön grün sind, ohne Vorwarnung Äste verlieren oder sogar komplett auf die Straße stürzen. Wir können nicht genau sagen, wann das der Fall sein wird. Da ist es dann besser und vor allem sicherer, die geschädigten Bäume gleich zu fällen und damit den anderen Bäumen Platz zu verschaffen, dass sie sich entwickeln können.”

Jeden Baum genau untersuchen

Einen Baum zu fällen, ist keine Entscheidung, die Kottsieper sich leicht macht: “Jeder Baum ist Leben, das ist auch meine Meinung”, versichert der Experte. Doch das geschulte Auge des zertifizierten Baumkontrolleurs kann von außen erkennen, wie es dem Baum im Inneren geht. Kottsieper kontrolliert die Bäume von den Wurzelläufen bis zu den Ästen der Krone, nimmt die Rindenstruktur genau unter die Lupe. “Es gibt auch Geräte zur Untersuchung, doch ein genauer Blick ist wichtig und vor allem schonender für die Bäume.”

Kottsieper zeigt auf einen der gefällten Bäume, und der erste Eindruck bestätigt sich: Der Stamm ist hohl, die Wurzeln kaum noch vorhanden, aufgelöst durch den Pilz. Lange hätte dieser Baum nicht mehr auf der extrem steilen Böschung gestanden – und wäre dann zur Gefahr für alle Verkehrsteilnehmer geworden. “Ich diskutiere häufig mit Umweltschützern, die uns bei der Arbeit ansprechen”, so Kottsieper. Gerade die Anwohner kennen die Bäume in der Nachbarschaft genau. Jeder einzelne, der fehlt, fällt ihnen sofort auf. Der oft gehörte Vorwurf an die Mitarbeiter von Straßen.NRW: Kahlschlag. “Ich tausche gerne Argumente aus. Ich erkläre dann, dass wir es nicht riskieren können, dass Bäume umstürzen und Menschen verletzt werden. Dafür gibt es die Gesetze zur Verkehrssicherheit.”

An der Wittener Straße setzt sich der Tross derweil wieder in Bewegung. Hinten werden Äste geschreddert, vorne die nächsten Bäume bearbeitet. Kottsieper blickt auf sein Laptop. Jeder einzelne Baum ist hier auf einer Karte markiert, die Straßen, für die der Landesbetrieb zuständig ist, sind ebenfalls gekennzeichnet. Auch die Bäume der Anwohner hat Kottsieper im Blick. “Hier haben wir aber nur eine Hinweispflicht. Verantwortlich sind die Anrainer selbst. Wenn allerdings ein Baum zur Gefahr wird, sind wir verpflichtet einzugreifen.”

Mehr Platz für gesunde Bäume

Zwei Stunden später sind die Arbeiten an dieser Straße abgeschlossen. Kottsieper überprüft noch einmal den gesamten Bereich. “Hier mussten wir einiges wegschneiden”, erklärt er. “Doch das dient nicht nur der Verkehrssicherheit. Die Kirsche dort hat nun deutlich mehr Platz und kann sich besser entfalten als zuvor. Das tut ihr gut. Alle Pflanzen wollen hin zum Licht. Doch wenn es zu eng wird, machen sie sich gegenseitig Konkurrenz und gehen ein. Das wollen wir verhindern.” Sicherer für die Verkehrsteilnehmer – aber eben auch gesünder und nachhaltiger für Bäume und Pflanzen. Beides, so das Fazit des Experten, müsse sich keinesfalls ausschließen. Sven Kottsieper: “Man kann das im Nachhinein gut erkennen: Die Bäume, die wir im vergangenen Jahr bearbeitet haben, sehen heute gut aus. Das ist das Ziel unserer Arbeit.”

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