Die Landesinitiative „NRW hält zusammen…für ein Leben ohne Armut und Ausgrenzung“ fördert Projekte, die das Ziel haben, die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien zu verbessern. Die Stadt Herford hat im Rahmen der Landesinitiative Sozialdaten erhoben und ausgewertet, die einen Überblick über Familienarmut in der Stadt Herford ermöglichen. Diese Erhebungen wurden Anfang 2016 der Öffentlichkeit vorgestellt. Auf Basis dieser Daten wurde jetzt ein Sozialbericht mit dem Schwerpunkt Familienarmut erarbeitet.
Auffällig ist, dass Herford als mittelgroße Stadt ähnliche Probleme hat wie eine Großstadt. So kam durch die Datenanalyse heraus, dass die Armutsbelastung in Herford im Vergleich zum Land NRW relativ hoch ist: Herford hat mehr Menschen, die Transferleistungen beziehen (Hartz IV, Sozialhilfe und Asylbewerberleistungsgesetz), mehr Kinder, Jugendliche und Alleinerziehende, die Hartz IV bekommen, mehr überschuldete Menschen, eine höhere Arbeitslosenquote und weniger sozialversicherungspflichtig Beschäftigte als im Landesdurchschnitt.
Zudem leben in Herford mehr alte und auch mehr junge Menschen als im Landesdurchschnitt; das bedeutet auch, dass die Stadt weniger EinwohnerInnen im erwerbsfähigen Alter hat.
Es stellte sich heraus, dass die allgemeine Armut trotz der positiven wirtschaftlichen Entwicklung auch in Herford ansteigt. Trotz der auch in Herford sinkenden Arbeitslosigkeit beziehen immer mehr Menschen Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV). Zudem sind 13,5 % der Herforder Bevölkerung überschuldet, knapp jedes vierte Kind in Herford lebt von Transferleistungen.
Familien sind besonders armutsgefährdet, mehr als die Hälfte der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften in Herford sind Familien mit Kindern. Ein noch größeres Armutsrisiko haben Alleinerziehende. In Herford gibt es rund 2500 alleinerziehende Haushalte. Ein knappes Drittel davon bezieht Transferleistungen. Das ist ein deutlich höherer Anteil als in anderen Lebens- bzw. Haushaltsformen. Dies liegt daran, dass sich der ökonomische Druck deutlich verschärft, wenn es nur ein/e VerdienerIn im Haushalt gibt.
Der Sozialbericht beschreibt nicht nur den Status Quo, er liefert auch Handlungsempfehlungen an Verwaltung und Politik. Um die schwierige Lage von Familien in Armut zu verbessern, ist eine umfassende Unterstützung im Alltag notwendig. Dies betrifft vor allem einen kostengünstigen oder kostenfreien Zugang zu öffentlichen Angeboten und Angeboten zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Beispiele hierfür sind:
- Förderung eines frühen Kita-Besuches
- Kostenlose Kita-Plätze für einkommensschwache Familien
- Schwimmkurse für alle Herforder Kinder ab 5 Jahren
- Verlässliche Ferienbetreuung in den Grundschulen / Ferienfreizeiten
- Verbesserung der Mobilität: Ausweitung von Schülertickets / Ferientickets
- Verstärkte Aufklärung über die Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT)
- Mehr Sport -, Kultur- und nichtkommerzielle Freizeitangebote in den Quartieren
- bei der Teilnahme an Sport, Kultur und weiteren Freizeitaktivitäten
Die Entwicklung der Armutszahlen führt zu einem Mangel an gesellschaftlicher Teilhabe gerade bei Bevölkerungsschichten, bei denen sich Armut verfestigt. Die größer werdende Schere zwischen arm und reich bildet sich auch auf der Ebene der Herforder Stadtteile ab. Die folgende Grafik bildet den Anteil der Menschen ab, die Transferleistungen beziehen. Deutlich erkennt man die Unterschiede in den Herforder Stadtteilen:
Auffällig ist, dass drei Stadtteile besonders belastet sind: die „Nordstadt“, das „Zentrum“ und „Im kleinen Felde“.
Im Rahmen des Berichts wurden deshalb u.a. der Bereich „Im kleinen Felde“ einer besonderen Betrachtung unterzogen:. Hier soll aufgrund der großen Belastungen und Bedarfe in Zukunft ein Schwerpunkt der Bekämpfung von Armutsfolgen liegen. Die folgende Grafik gibt die jeweiligen Abweichungen vom gesamtstädtischen Durchschnitt an:
Beispiele für angestrebte Verbesserungen im Bezirk Im Kleinen Felde sind:
- Einrichtung eines Stadtteilzentrums oder eines Stadtteiltreffs mit verschiedenen Beratungs- und Freizeitangeboten und für interkulturelle Begegnungen
- Einführung eines niedrigschwelligen Beratungsangebot für Familien
- Etablierung von Quartiersmanagement zur Koordination und Vernetzung im Stadtteil
- Sicherung eines direkt Im Kleinen Felde verorteten Jugendtreffs
- Aufbau von strukturierten Angeboten der Freizeitgestaltung (Sport, Musik etc.), insbesondere für Jugendliche (v.a. in den Abendstunden)
- Schaffung von alternativen Beschäftigungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen für Jugendliche, die abseits der üblichen Wege des Übergangssektors Zugang zu Arbeit und Ausbildung ermöglichen können (z.B. in Anlehnung an das Modell der Kompetenzagenturen).
Der vollständige Sozialbericht umfasst 100 Seiten. Er wurde in rund 1 ½ Jahren erarbeitet. Am Montag, 8.Mai 2017 wird der Sozialbericht im Jugendhilfeausschuss vorgestellt.