Vom Dachboden ins Kreisarchiv – Wertvolle Akten vom Rittergut Hiddenhausen

Rittergut Hiddenhausen

Kreis Herford. Das Kreisarchiv hat einen wertvollen Neuzugang: Das Archiv des Rittergutes Hiddenhausen ist als Dauerleihgabe dazu gekommen. Mit der Übernahme wird es nun der Geschichtsforschung zugänglich gemacht.

„Wir danken der Familie von Consbruch sehr für ihr Vertrauen. Der Zugriff auf die Unterlagen ist für die Geschichte des Kreises von großer Bedeutung“ , erklärt Landrat Jürgen Müller bei der Übergabe im Kreisarchiv und gibt Caspar-Florens von Consbruch dankend die Hand. Der wiederum freut sich über die Wertschätzung der Dokumente: „Ich bin ja selbst gespannt. Ich habe zwar einiges von dem Material selbst gesichtet, aber an die ganz alten Dinge hab ich mich nicht heran getraut, weil ich nichts kaputt machen wollte.“

Die beiden Archivare im Kreisarchiv wissen was sie tun. Die ganz alten Akten werden lediglich mit speziellen Handschuhen angefasst und durchgeblättert. Denn die Akten, Urkunden und Schriftstücke sind z.T. über 500 Jahre alt und sehr empfindlich. Der Archivbestand umfasst Dokumente aus dem 15. bis 19.Jahrhundert, fasst Sarah Brünger vom Kreisarchiv zusammen: „Die Dokumente sind in einem guten Zustand, müssen jetzt aber von Fachleuten überarbeitet werden, damit sie auch dauerhaft erhalten bleiben.“

Nachdem die Restauratoren am Werk waren, werden die Dokumente noch gesichtet und ausgewertet. Vom größten historischem Wert sind beispielsweise mehrere Urkunden aus dem 15. bis 18 Jahrhundert. Neben Urkunden gehören auch eindrucksvoll gebundene Akten und Aktenfragmente dazu. „Man kann dort zum Beispiel lesen, wieviel Lohn Tagelöhner am Tag auf den Höfen bekommen haben, in welchen Zustand die Tiere waren oder welche anderen Gegenstände zu den Höfen gehörten. Das lässt sich fast bis auf die letzte Milchkanne nachvollziehen“, schwärmt Archivar Wolfgang Silger, der die Dokumente für das Kreisarchiv zusammengestellt hat.

Insgesamt umfasst das Archiv 39 Urkunden auf Pergament und 6,5 laufende Meter Schriftgut auf Papier. Die beiden ältesten Urkunden sind aus dem 15. Jahrhundert, 33 Urkunden sind aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Urkunden tragen jeweils ein oder mehrere Siegel. Das Schriftgut besteht aus gebundenen Akten, Aktenfragmenten und einzelnen Schriftstücken.
Es betrifft überwiegend das Gut Hiddenhausen und beinhaltet Verwaltungsangelegenheiten sowie die Wahrnehmung gutsherrlicher Rechte.

Zwei Aktenbände enthalten die Protokolle der Vogtei Enger von 1650 bis 1654 und von 1669 bis 1675. Hier handelt es sich um Akten der Landesverwaltung, die Otto Consbruch in seine Funktion als Amtmann der Vogtei Enger angelegt hat. Sie sind von Bernd Hüllinghorst transkribiert und 1993 in einem Buch veröffentlicht worden.

Familie Consbruch

In Hiddenhausen ist die Familie Consbruch seit 1610 nachweisbar. Damals übernahm Theodor Consbruch (1587 – 1633) die Verwaltung der Vogtei Enger. Er hatte seinen Amtssitz auf der Burg Bustedt. Auch sein Sohn Otto (1614 – 1678) wurde 1649 mit der Verwaltung der Vogtei Enger beauftragt. 1662 erhielt er den Titel „Amtmann zu Enger“. Analog dazu wird in den Dokumenten auch die Bezeichnung „Amt Enger“ verwendet.

1647 belehnte ihn die Herforder Äbtissin Sidonia mit dem zur Reichsabtei gehörenden Meierhof in Hiddenhausen. Den Consbruchs gelang es, ihre Stellung in Hiddenhausen auszubauen. Otto und dessen Sohn Heinrich Dietrich (1642 – 1705) kauften Zug um Zug das benachbarte Rittergut Hiddenhausen. Das Gut hatte seit Anfang des 15. Jahrhunderts der Familie von Nagel gehört und war später an die Familie von Groll gelangt. Mit dem Gut erwarb die Familie Consbruch eine Reihe gutsherrlicher Rechte, wie den Oetinghauser Zehnten und Eigentumsrechte an mehreren Bauernhöfen.

1665 war der Bau des heute noch bestehenden Herrenhauses auf Gut Hiddenhausen vollendet. Von dort aus haben Otto Consbruch und vier Generationen seiner Nachkommen in ununterbrochener Folge die Vogtei Enger bis zum Zusammenbruch Preußens 1806 verwaltet. Auch später hatten Angehörige der Familie verantwortliche Positionen im Staatsdienst inne. Ernst Consbruch (1780 – 1850) war von 1816 bis 1827 Kreissekretär des Kreises Bünde. Ihm folgte Leopold Consbruch (1792 – 1865). Ab 1832 amtierte er bis zu seinem Lebensende als Kreissekretär des Kreises Herford. Der Kreissekretär war der Stellvertreter des Landrats. Sein Sohn Franz Friedrich wurde 1888 in den erblichen Adelsstand erhoben. Seitdem führt die Familie den Namen „von Consbruch“.

Das Archiv des Kreises Herford

Das Kreisarchiv ist Teil des Kommunalarchivs Herford (Archiv des Kreises und der Stadt Herford). Es hat die Aufgabe, Dokumente zur Geschichte des Kreises Herford und seiner Region zu sammeln, zu verwahren und sie für die Geschichtsforschung zugänglich zu machen.

Schwerpunktmäßig werden im Kreisarchiv Unterlagen der Kreisverwaltung gemäß den Vorschriften des Archivgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen aufbewahrt. Die Überlieferung der Kreisverwaltung beginnt im Jahr 1816.

Darüber hinaus übernimmt das Kreisarchiv auch nicht amtliche Dokumente aus Privatbesitz, wenn sie für die Geschichte des Kreises Herford und seiner Region von Bedeutung sind. Das sind schriftliche Dokumente wie Urkunden und Akten, aber auch Bild- und Tondokumente sowie Literatur zur Orts- und Regionalgeschichte. Dieses sogenannte „Sammlungsgut“ erhält das Archiv entweder als Schenkung oder als Dauerleihgabe, einem sogenannten „Depositum“. Letzteres ist bei dem Archiv des Rittergutes Hiddenhausen der Fall.

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