Windkraftanlagen im Kalletal: Berufung gegen Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wahrscheinlich

Windräder

Symbolfoto - © Freepik

Ende 2015 erteilte die Untere Immissionsschutzbehörde des Kreises Lippe die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage im Außenbereich der Gemeinde Kalletal (Gemarkung Brosen). Diese wurde in der Folge durch Rechtsmittel von Bürgern im Rahmen von Drittanfechtungen beim Verwaltungsgericht Minden (VG Minden) beklagt. Auf die mündliche Verhandlung vom 01.03.2017 hat das VG Minden mit den am 17.03.2017 zugestellten Urteilen die hier gegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufgehoben.

„Dabei hat das Gericht zunächst die Entscheidungen und Auffassungen des Kreises in der Genehmigung in nahezu allen beklagten Punkten als richtig anerkannt“, so Dr. Ute Röder, Fachbereichsleiterin Umwelt und Energie beim Kreis Lippe. So sei insbesondere die Betroffenheit der Kläger durch Lärm, Infraschall, Schattenwurf oder aufgrund einer optisch bedrängenden Wirkung nicht gegeben. Darüber hinaus stellte das Verwaltungsgericht klar, dass sich Nachbarn eines Außenbereichsvorhabens nicht auf die Ausschlusswirkung eines Flächennutzungsplans hinsichtlich der Konzentrationszonen für Windenergieanlagen berufen können. So wurde auch die Bewertung des Kreises zum Denkmalschutz sowie zum Landschaftsschutz als richtig bestätigt.

Einzig hinsichtlich der durchgeführten Umweltverträglichkeitsvorprüfung (UVP-Vorprüfung) sah das Gericht eine unzureichende Sachverhaltsermittlung sowie Mängel in der Dokumentation. Zur Aufhebung der Genehmigung führte letztlich die Auffassung des VG Minden, dass die Prüfung der Umweltauswirkungen auf das Schutzgut „Tier“, hier Rotmilan und Uhu, trotz umfangreicher Untersuchungen nicht ausreichend durchgeführt worden sind.

Die damit erstmals im Zuständigkeitsbereich des VG Minden ausgeurteilte Rechtsfrage, in welchem Umfang und in welcher Tiefe die Immissionsschutzbehörde den Sachverhalt für die rechtmäßige Durchführung einer UVP-Vorprüfung ermitteln und dokumentieren muss, ist hochumstritten und bislang obergerichtlich nicht abschließend geklärt. Aufgrund dieses Umstandes hat das Verwaltungsgericht von sich aus – was höchst selten ist – die Berufung gegen diese Urteile ausdrücklich zugelassen. Bereits in der mündlichen Verhandlung ging die Vorsitzende Richterin der entscheidenden 11. Kammer des VG Minden davon aus, dass diese Verfahren mit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht abgeschlossen würden. Dies hat das Gericht vor allem vor dem Hintergrund zugelassen, weil mit den Entscheidungen die Erlasse des Landes NRW zur Windkraft und zum Artenschutz diesbezüglich grundsätzlich als fehlerhaft erachtet werden.

„Da diese Erlasse der Landesregierung für uns als Behörde die Vorgaben sind und wir uns daran zu halten haben, kommt dieser Entscheidung des VG Minden, die damit Regelungen in den Erlassen in Frage stellt und ich auch in keinster Weise nachvollziehen kann, landesweite Bedeutung zu“, kommentiert Dr. Ute Röder, das Urteil. „Bezogen auf nur diese eine Anlage würde dies bedeuten, dass hier ein Mindestmaß an aufwändigen Raumnutzungskartierungen, zum Beispiel des Rotmilans, auf einer Fläche von rund 100 km² durchgeführt werden müssten. Dies ist aus fachlicher Sicht weder erforderlich, noch nachvollziehbar, noch sinnvoll“, beurteilt Olrik Meyer, Fachgebietsleiter für den Bereich Immissionsschutz beim Kreis Lippe, die Konsequenz aus dem Urteil.

Die Entscheidung über die Einlegung der Berufung gegen die Urteile beim Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster) ist bislang noch nicht gefallen, auch wenn dies höchstwahrscheinlich ist. Sowohl diese Frage als auch die möglichen Folgen der Entscheidungen für weitere noch laufende Genehmigungsverfahren werden aktuell noch geprüft.

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