Blitzmarathon – Zu hohe Geschwindigkeit verursacht Leid

Kreis Paderborn – (uk) Der Piepton des Überwachungsmonitors meldet sich im Abstand einer Sekunde. Zahlreiche Kabel mit Elektroden führen von dem kleinen Gerät zu Armen, Beinen und der Brust des Patienten. Bunte Kurvendiagramme laufen unaufhörlich auf dem Display des Beatmungsgerätes. Ein Schlauch verbindet die Luftröhre des Schwerverletzten mit der Maschine. In den Venen des jungen Mannes sind Katheter eingelegt. Über Spritzenpumpen wird der Körper präzise dosiert mit diversen Medikamenten, darunter Narkose- und Schmerzmittel, versorgt.

Der Geräuschpegel der Geräte, die mit optischen und akustischen Alarmfunktionen ausgestattet sind, ist seit vier Wochen niedrig und gleichmäßig. In regelmäßigen Abständen überwachen Ärzte und Pflegepersonal Tag und Nacht den Zustand des jungen Mannes, bereits seit vier Wochen! In diesen vier Wochen hat der Verunglückte kein Wort gesagt, keine Bewegung ohne fremde Hilfe gemacht und nicht einmal die Augen aufgeschlagen. Vier Wochen nachdem er mit seinem Auto von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt war.

Übermorgen (Donnerstag, 21.04.2016) wird die Polizei den nächsten Blitzmarathon veranstalten. Bei der aktuellen Verkehrssicherheitsaktion legt die Polizei ihren Schwerpunkt aber nicht nur auf die Geschwindigkeitskontrollen. Mit dem Blitzmarathon soll sensibel gemacht und das Augenmerk insbesondere auf die Verkehrsopfer gelenkt werden, also die Menschen, die im Straßenverkehr bei einem Unfall verletzt oder getötet werden. Viele dieser Menschen sind zu Opfern geworden, weil einer der Unfallbeteiligten zu schnell gefahren war.

Unter den Folgen solcher Unfälle leiden aber nicht nur die am Unfall Beteiligten. Auch Menschen aus dem nahen Umfeld der Opfer, wie Angehörige, Freunde und Kollegen müssen anschließend mit dem Schicksal fertig werden. Menschen, die mit der Situation an der Unfallstelle und dem Leid des Verunglückten und seiner Angehörigen leben müssen sind aber auch Polizeibeamte und Mitarbeiter der Rettungsdienste.

Einer der im weiteren Sinne davon betroffen ist, ist Dr. med. Rüdiger Buschfort. Der 53-Jährige ist ärztlicher Direktor und Facharzt für Neurologie, Geriatrie und Rehabilitationswesen in der weit über Ostwestfalen hinaus bekannten Aatalklinik in Bad Wünnenberg.

Mit hoher Professionalität versuchen Dr. Buschfort und seine Mitarbeiter täglich Patienten auf ihrem schwierigen Weg zurück in ein normales Leben zu helfen. Dabei zeigt sich, dass der Arzt neben allem Bemühen um die medizinische Versorgung seiner Patienten auch an dem Schicksal des Verunglückten und dem Leid der Angehörigen Anteil nimmt.

In der Aatalklinik Wünnenberg werden jährlich über 2500 Patienten zur Rehabilitationsbehandlung nach neurologischen, neurochirurgischen und orthopädischen Erkrankungen kuriert. Darunter werden auch mehrere hundert Menschen nach schweren Unfällen, die sie in der Freizeit, bei der Arbeit oder im Straßenverkehr erlitten haben, behandelt.

„In unserer Klinik werden im Prinzip fast jede Woche Autofahrer, Motorradfahrer oder Radfahrer eingeliefert. Oftmals hat bei diesen Unfällen zu hohe Geschwindigkeit eine, manchmal die entscheidende Rolle gespielt. Viele dieser Patienten, mussten sich zuvor über Wochen intensivmedizinischen, lebenserhaltenen Behandlungen unterziehen. Ein Großteil der Verunglückten hat erhebliche körperliche, kognitive, emotionale und verhaltensbezogene Beeinträchtigungen infolge einer Hirnschädigung erlitten“, so Buschfort.

Bei seiner verantwortungsvollen Arbeit versucht der erfahrene Mediziner zu den Patienten eine professionelle Distanz zu wahren. Dennoch ist auch immer Mitgefühl dabei. „Manche Fälle nehmen einen schon mit, die Gedanken daran lasse ich nicht in der Klinik. Gerade bei jungen Unfallopfern denkt man auch zu Hause über das Schicksal nach und überlegt wie man die Situation für alle möglichst erträglich machen kann!“

Der Arzt weiß, dass viele Patienten aber nicht nur unter den körperlichen Folgen ihres Unfalls leiden. Buschfort: „Durch den Verkehrsunfall und den damit verbundenen Einschränkungen ist häufig von jetzt auf gleich die gesamte Lebensplanung hinfällig geworden. Mitunter haben die Verunglückten und auch die Angehörigen mit dem Verlust ihrer Lebensperspektive zu kämpfen. Den Menschen wird bewusst, dass ihr Lebensweg eine völlig andere Richtung nimmt. In manchen Fällen wird gerade Angehörigen von jungen Menschen bewusst, dass auch nach monatelangen Behandlungen im Krankenhaus und in unserer Rehaklinik der Verunglückte in den nächsten Jahren intensiver Pflegemaßnahmen bedarf!“

Dr. Buschfort versucht mit seinen Kollegen und seinem Personal durch umfangreiche Rehabilitationsmaßnahmen den Menschen mehr als nur einen Hoffnungsschimmer zu geben. Es ist auch der Versuch den Patienten und seinen Angehörigen beim Aufbau einer neuen Lebensperspektive zu helfen. Gerade die emotionale Belastung von Unfallpatienten ist nicht zu unterschätzen. Menschen, die „mitten im Leben standen“, voller Ideen und Pläne waren, werden gezwungen, sich mit der neuen Situation abzufinden. Psychologische und seelsorgerische Betreuung ist daher in der Klinik nicht nur wichtiger Bestandteil der Therapie, sondern kann in manchen Fällen auch zum entscheidenden Kriterium für eine Genesung werden.

Einer seiner Patienten ist Manuel Knepper. Der 38-Jährige war im Herbst des vergangenen Jahres mit seinem Auto schwer verunglückt. Gut fünf Monate nach dem Unglück versucht das Unfallopfer im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf eigenen Füßen zu stehen.

„Eine Sekunde reicht!“

Manuel Knepper weiß heute, dass er nicht nur großes Glück gehabt hat, sondern, dass sich innerhalb kürzester Zeit das ganze Leben vollkommen ändern kann. Anfang November war er zusammen mit seiner Freundin im Kreis Soest unterwegs, als er in der Kurve einer Kreisstraße von der Fahrbahn abkam, ins Schleudern geriet und gegen einen Baum prallte. Seine Freundin, die auf dem Beifahrersitz saß wurde schwer verletzt. Der Fahrzeugführer wurde mit einem Rettungshubschrauber in ein Dortmunder Krankenhaus geflogen. Er erlitt schwerste innere Verletzungen, vielfache Knochenbrüche und ein Schädelhirn-Trauma. Hier lag er zunächst vier Wochen im Koma. Anfang Januar wurde er zur neurologischen Frührehabilitation in die Aatalklinik verlegt. Seit Anfang April ist er in der Lage selbständig aus dem Rollstuhl aufzustehen. Eigene Schritte sind bislang nur mit fremder Hilfe möglich, aber Manuel Knepper ist eine Kämpfernatur. „Es geht mir gut. Ich fühle mich hier sehr wohl und bin froh über jeden kleinen Fortschritt den ich hier mache.“ An den Unfall und an die Tage davor hat er keine Erinnerung mehr. Alles was er darüber weiß, haben ihm Freunde und Angehörige erzählt. Gerade seine Familie hat sehr unter dem Unglück gelitten, hat ihm aber auch Kraft gegeben die schwere Zeit zu überstehen. Der Autofahrer macht sich Vorwürfe, dass seine Freundin bei dem Unfall schwere Verletzungen erlitt, ist aber überglücklich, dass es ihr mittlerweile besser geht und ihr nicht noch mehr passiert ist. „Das hätte ich mir nie verziehen. Mir ist hier bewusst geworden, dass man im Straßenverkehr sehr viel Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch für andere trägt!“

Die Kreispolizeibehörde Paderborn wird am Donnerstag zusammen mit Kontrollwagen des Kreises und der Stadt Paderborn kreisweit an insgesamt fast 30 Stellen Tempomessungen vornehmen.

Hier eine Auswahl der Messstellen:

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