Gütersloh / Rietberg. Das Tor geht auf, der Rettungswagen (RTW) fährt zum Einsatz. In diesem Augenblick ‚weiß‘ die Ampel auf der B 64 in Rietberg schon, dass sie den Einsatzkräften gleich grünes Licht geben muss. Seit kurzem ist die Rettungswache elektronisch mit der Ampel verbunden und kann die Signalgebung beeinflussen. Das soll vor allem die Sicherheit der Einsatzkräfte erhöhen, aber es geht auch zügiger voran und dient damit der besseren medizinischen Versorgung der Bevölkerung.
800 bis 900 mal im Jahr fährt eines der zwei in Rietberg stationierten Fahrzeuge mit Sonderrechten, also Blaulicht und Martinshorn, über die in unmittelbarer Nähe liegende Ampelkreuzung. „Und das ist immer schwieriger geworden“ meint Marcel Buntrock, stellvertretender Leiter der Rettungswache. „Der Lärmschutzwall schluckt die Geräusche, auch unser Martinshorn.“ Richtig präsent sei der Rettungswagen für viele der anderen Verkehrsteilnehmer erst, wenn er quasi schon fast auf der Kreuzung steht. Gestiegenes Verkehrsaufkommen, höhere Geschwindigkeiten, zunehmende Bebauung ringsherum – es gibt viele Gründe, warum es schwieriger wurde, gefahrlos trotz Sonderrechten die Kreuzung zu passieren. „Langenberg, Benteler, Mastholte, Rheda-Wiedenbrück, Gütersloh und Delbrück“, listet Buntrock die Einsatzorte auf, deren Anfahrt alle über die Ampelanlage führen. Der stellvertretende Rettungswachenleiter hatte die Idee zur Ampelbeeinflussung nach Vorbild der Linienbusse in den Städten.
Nach Ermittlung der Kosten, der Fallzahlen und der besonderen Umstände – die unmittelbare Nähe zur Wache, die Hauptfahrtrichtung der Einsatzfahrzeuge – bekam Buntrock von von Thomas Kuhlbusch als zuständigen Dezernenten grünes Licht. „Die Vorrangschaltung gerade an dieser Ampel hilft uns, möglichst schnell am Unfallort beziehungsweise beim Patienten einzutreffen“, betont Kuhlbusch, der aber zugleich darauf hinweist, dass vergleichbare Vorrangschaltung nicht in allen Ampeln, sondern mit Blick auf die Kosten nur bei besonderem Bedarf eingerichtet werden können.
Buntrock sprach die Stadt Rietberg an, die die Vorrangschaltung genehmigen musste, den Ampelhersteller und den Kollegen Ulrich Elfers. Elfers ist der Ampelexperte in der Abteilung Straßenverkehr des Kreises Gütersloh. Er ist im Arbeitsalltag unter anderem damit beschäftigt, mit Hilfe eines Planungsprogramms alle möglichen Varianten zwischen Rot, Gelb und Grün auszurechnen, also ideale und für alle sichere Ampelschaltungen, die den Verkehr im Gegenzug aber nicht zum Erliegen bringen. Das hat er für die Ampelanlage an der B 64 auch gemacht und damit erstmals im Kreis Gütersloh eine Ampelbeeinflussung für Rettungsfahrzeuge umgesetzt. „51 Sekunden beträgt die Beeinflussungszeit“, erläutert Buntrock. Dafür hat das Team der Rettungswache viele, viele Erkundungsfahrten zu der Kreuzung gemacht, die für alle so wichtig ist, die man aber von der Wache aus nicht sehen kann, obwohl sie nebenan ist. In der Fahrzeughalle ist oben an der Wand der Steuerungskasten angebracht, bedient wird die Beeinflussung vom Handgerät aus dem RTW heraus. Das Signal geht aber von dem Kasten aus. „Das klappt auch, wenn man an der Rettungswache vorbei fährt“, erläutert Buntrock. Je nachdem, in welcher Phase die Ampel gerade ist, wird der Ablauf geändert. Wenn die Ampel ohnehin schon Grün zeigt, wird die Phase beispielsweise verlängert. Zeigt sie Rot für die Fahrtrichtung, aus der Buntrock und seine Leute kommen, wird umgesteuert: Alle anderen kriegen Rot, der RTW bekommt freie Fahrt. Buntrock: „Nicht zu unterschätzen ist auch, dass durch die eigene Grünphase der wartende Verkehr in der Regel schon abgeflossen ist, wenn wir zur Kreuzung kommen. Das erspart Zeit.“ Sobald der RTW mit Sonderrechten über die Kreuzung ist, schaltet die Ampel wieder in den normalen Modus.
Die Rettungswache Rietberg
In der 2013 eingeweihten Lehrrettungswache Rietberg an der Bokeler Straße/Ecke Tiergartenweg arbeiten aktuell 19 Frauen und Männer im Schichtsystem rund um die Uhr. 15 Notfallsanitäter, Rettungsassistenten und Rettungssanitäter, drei Auszubildende zum Notfallsanitäter und ein FSJler. Zwei Rettungsfahrzeuge sind stationiert, eines im 24-Stundendienst, eines im Tagdienst. Gebaut wurde die Rettungswache nach Plänen des inzwischen pensionierten Kreisarchitekten Werner Norden auf einem städtischen Grundstück (rund 2000 Quadratmeter). Die Rettungswache hat eine Nutzfläche von 465 Quadratmetern. 200 Quadratmeter umfassen alleine die Fahrzeug- sowie die Wasch- und Desinfektionshalle.