Willebadessen – Wie trägt unsere Firma zum Gemeinwohl bei? Der Biolandhof Engemann aus Willebadessen-Eissen geht dieser Frage systematisch auf den Grund. Als eines der ersten Unternehmen im Kreis Höxter erstellen Klaus Engemann und sein Team eine sogenannte „Gemeinwohl-Bilanz“. Am heutigen Tage fand bereits das vierte Arbeitstreffen statt. Bürgermeister Hans Hermann Bluhm informierte sich vor Ort über Stand und Methodik des Projekts.
„Wir engagieren uns seit langen Jahren für bio-faire Lebensmittel“, so Klaus Engemann. „Mit der Gemeinwohl-Bilanz können wir dieses Engagement noch einmal auf andere Weise sichtbar machen und gleichzeitig auch systematisch erweitern.“ Unterstützung kommt dabei von Marie-Christin Stein und Fabian Himme. Sie studieren Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule OWL in Lemgo und begleiten den Biolandhof als eines von fünf Pionier-Unternehmen bei der Zertifizierung. Dabei schlüpfen sie in die Rolle studentischer Berater, die das Handwerkzeug der Gemeinwohl-Bilanz nicht nur theoretisch erlernen, sondern auch direkt im Unternehmen anwenden.
Ab Januar überprüft auch die Willebadessener Stadtverwaltung ihr Handeln nach diesem Modell. Bür-germeister Bluhm zeigte sich beeindruckt vom Pioniergeist der Beteiligten: „Ich sehe mit Freude, mit wieviel Engagement hier bei uns in Willebadessen etwas ohnehin Gutes noch besser gemacht wird. Als Kommune haben wir das Gemeinwohl natürlich besonders im Blick. Zu nennen sind beispielsweise das Klimaschutzkonzept und die Rezertifizierung als familienfreundliches Unternehmen. Gleichzeitig kann man immer dazulernen. Der Rat der Stadt Willebadessen hat deshalb am 26. September einstimmig beschlossen, 2020 unsere erste Gemeinwohl-Bilanz zu erstellen.“
„In diesem Prozess betrachtet man Firmen beziehungsweise Verwaltungen bewusst durch eine andere Brille als üblich“, ergänzt Referent Christian Einsiedel vom Projekt „Gemeinwohl-Region Kreis Höxter“. Der Perspektivwechsel helfe, für die neuen Herausforderungen unserer Zeit auch neue, am Gemeinwohl orientierte Lösungen zu finden. Diesen innovativen Ansatz möglichst vielen Akteuren im Kreis nahezubringen sei das Ziel des mit LEADER-Mitteln geförderten Projekts, so Einsiedel.
Hintergrund
Die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie bietet einen faszinierenden und bewährten Lösungsansatz für die Fragen unserer Zeit. Ihr wichtigstes Instrument ist die Gemeinwohl-Bilanz: Wenn Organisationen neben dem Finanzergebnis auch Beiträge zum Gemeinwohl messen und veröffentlichen, wird ethisches Handeln sichtbar. Das schafft Anreize zur Veränderung und trägt nachhaltig zum Erfolg bei.
Die Gemeinwohl-Ökonomie ist eine 2010 gegründete zivilgesellschaftliche Bewegung. Sie ist demokratisch organisiert und wird als lernendes System in Arbeitskreisen und einem weltweiten Netz von Regionalgruppen beständig weiterentwickelt. Ihr Ziel: Unternehmen, Kommunen und Bildungseinrichtungen dabei zu unterstützen, ihre Tätigkeit stärker mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit sowie demokratischen Grundwerten in Einklang zu bringen. Infos: ecogood.org
Die Vision der Gemeinwohlregion Kreis Höxter wird als LEADER-Projekt mit EU- und Landesmitteln gefördert. Es ist auf zwei Jahre befristet, läuft also bis 2020. Das Akronym LEADER steht für „Liaison entre actions de développement de l’économie rurale“. Auf Deutsch: „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“. Der Kreis Höxter zählt seit 2016 zu den 28 LEADER-Regionen in Nordrhein-Westfalen.
Ziel unseres bis 2020 laufenden Projekts ist es, möglichst viele Kommunen, Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Bürger*innen im Kreis Höxter mit den Ideen der Gemeinwohl-Ökonomie in Kontakt zu bringen. Wir ermutigen Organisationen zur Bilanzierung und unterstützen diesen Prozess durch Netzwerkarbeit und konkrete Hilfestellung. Infos: leader-in-hx.eu
Getragen wird das Projekt von der gemeinnützigen Stiftung Gemeinwohl-Ökonomie NRW. Sie wurde 2017 auf private Initiative gegründet, ist wirtschaftlich und parteipolitisch unabhängig und setzt sich für einen Wandel unseres Wirtschaftssystems hin zur Gemeinwohl-Ökonomie ein. Dieser Wandel ist dringend notwendig: Ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit sollten gleichberechtigt entwickelt werden. Denn Wirtschaften mit weiter wachsendem Ressourcenverbrauch ist in unserer Welt auf Dauer unmöglich. Infos: stiftung-gwoe.nrw