Kreis Paderborn (krpb). „Verwaltungen müssen rechtsstaatlich handeln. Ihr Entscheidungen müssen berechenbar und auch gerichtlich kontrollierbar sein“, erläutert der Rechtsdezernent der Paderborner Kreisverwaltung, Michael Beninde. Entscheidungen zur Genehmigung oder Ablehnung von Windkraftanlagen, wie jetzt in Borchen erfolgt, seien nicht politischer Natur, bekräftigt Beninde.
Der Fraktionsvorsitzender der SPD Borchen, Herbert Berger, hat laut einem Medienbericht geäußert, dass der Kreis behauptet habe, dass er nicht in Berufung gehen könne. Damit werde versucht, Dinge gegen den Willen der Menschen in Borchen rücksichtlos durchzusetzen. „Verwaltungshandeln darf nicht Stimmungen folgen oder aus dem Bauch heraus geschehen sondern muss stets auf Recht und Gesetz basieren“ bekräftigt Beninde. Man könne selbstverständlich unterschiedlicher Meinung sein. Deshalb könne die Gemeinde Borchen sich auch entschließen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden anzufechten. Nicht vergessen werde dürfe jedoch, dass jede Entscheidung einen Preis habe und mit Konsequenzen verbunden sei. Nun schlage die Stunde der Juristen. „Wir plädieren bei aller Unterschiedlichkeit in den Auffassungen für einen fairen und sachlichen Umgangston“, so Beninde.
Zu den Fakten: Das Verwaltungsgericht Minden hatte in seinem Urteil vom 28. September die 23. Änderung des Flächennutzungsplanes (FNP) der Gemeinde Borchen „in Gänze“ für unwirksam erklärt. Die dort erfolgte Ausweisung von Windkonzentrationszonen sei „in Bezug auf den Abwägungsvorgang in erheblicher Weise mangelhaft“, so das Gericht. Die vom Kreis Paderborn beauftragte Fach-Rechtsanwaltskanzlei, der Landkreistag NRW, der Gemeindeversicherungsverband sowie alle mit der Materie befassten Fachleute der Kreisverwaltung Paderborn waren zum Ergebnis gekommen, dass der Kreis Paderborn nicht mehr von der Wirksamkeit des Flächennutzungsplanes ausgehen könne. Anderenfalls drohten Schadensersatzleistungen in Millionenhöhe zu Lasten der Kreisumlage und damit aller Städte und Gemeinden bzw. aller Bürgerinnen und Bürger im Kreisgebiet. Im Zuge der erneuten Prüfung des Genehmigungsantrages der beklagten Anlage in Dörenhagen stellte sich zudem heraus, dass die Höhenbegrenzung auf 100 m in der Planurkunde zur 23. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Borchen nicht dargestellt wird und deshalb als solche nicht existiert. Dieser Mangel hat nichts mit einer komplexen Rechtslage zu tun.
Berger fragt in dem Medienbericht zudem, warum der Kreis die Windkraftanlagen nicht nach der üblichen durchschnittlichen sechs- bzw. neunmonatiger Bearbeitungszeit abgelehnt habe. „Die Fristen sind im Bundesimmissionsschutzgesetz definiert“, erläutert der Leiter des Paderborner Kreisumweltamtes, Klaus Kasmann. Wenn alle Antragsunterlagen vollständig sind, muss spätestens nach sieben Monaten – bei Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung, so wie bei den Anlagen in Borchen – eine Entscheidung getroffen werden. Entschieden werde dann, wenn alle Fakten bekannt und geprüft seien. „Eine Entscheidung ist zudem nicht immer gleichzusetzen mit einer Genehmigung“, bekräftigt Kasmann. Die Verwaltung habe stets drei Optionen: Genehmigung, Ablehnung oder weitere Prüfungen. So seien jetzt in Borchen, wie am 29. Dezember vom Kreis Paderborn berichtet (Pressemitteilung der Paderborner Kreisverwaltung, Veröffentlichung im Amtsblatt und Abdruck in den Lokalzeitungen), 10 von insgesamt 20 beantragten Anlagen genehmigt worden, weil alle immissionsschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt waren. „Wenn ein Antragsteller alle Voraussetzungen erfüllt, hat er einen Rechtsanspruch auf Genehmigung. Hier hat die Genehmigungsbehörde kein Ermessen. Der Jahreswechsel ist kein Kriterium. Fakt ist jedoch auch, dass weitere Schadensersatzforderungen auf den Kreis hätten zurollen können, wenn wir wider besseren Wissens schlicht nicht gehandelt hätten“, so Kasmann. Fünf Anlagen auf der Ettelner Flur wird der Kreis Paderborn voraussichtlich ablehnen, weil sich ihre Standorte in der Nähe von Rotmilanbrutplätzen befinden. Bei vier weiteren beantragten Windkraftanlagen in Etteln kann die Prüfung, ob dem Vorhaben artenschutzrechtliche Verbote und Belange des Naturschutzes entgegenstehen, noch nicht abgeschlossen werden. In 2016 waren zwei Brutplätze der Wiesenweihe festgestellt worden. Diese befinden sich in einer Entfernung von weniger als 1000 m zu den beantragten Standorten. Der Betreiber muss deshalb aus Sicht der Paderborner Kreisverwaltung die nächste Brutsaison berücksichtigen und eine Raumnutzungsanalyse bis zum 30. September 2017 vorlegen. Diese Unterlagen müssten dann im Anschluss nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zusätzlich bekannt gemacht und öffentlich ausgelegt werden.
„Dem Kreis Paderborn leidenschaftliches Engagement für Windkraft-Investoren zu unterstellen, erschließt sich mir nicht“, so Kasmann. Fakt sei hingegen, dass Investoren in den vergangenen Wochen und Monaten dem Landrat und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Paderborner Kreisverwaltung wiederholt Mails zugesandt haben, in denen sie auf das Wüsteste beschimpft worden seien.
Weitere Fakten rund um die Windkraft in Borchen können den Pressemitteilungen des Kreises unter www.kreis-paderborn.de entnommen werden.