Gütersloh – Die erste reguläre Frist zur Kanaldichtheitsprüfung, die private Hauseigentümer in Wasserschutzgebieten bis Ende des Jahres beachten müssen, ruft auch Kanalhaie auf den Plan:
Unseriöse Rohrsanierer scheren sich hierbei nicht um den speziellen Geltungsbereich, sondern rufen wahllos an, klingeln an der Haustür oder überrumpeln arglose Hauseigentümer in der Kneipe mit dem dringenden Rat, schnell noch von ihnen fristgerecht eine Zustands- und Funktionsprüfung ihrer privaten Abwasserleitung durchführen zu lassen. Die vorgeschriebene Prüfung könne mit Hilfe einer speziellen Kanal-TV-Untersuchung samt Bescheinigung zum Schnäppchenpreis von 59 Euro durchgeführt werden – so lautet meist die drängende Empfehlung. “Machen sich die vermeintlichen Fachfirmen dann mit ihren Gerätschaften und Kamera an der Abwasseranlage des Hauses zu schaffen, überraschen sie die Eigentümer etwa mit der Nachricht, die Leitungen seien marode und dringend sanierungsbedürftig”, schildert Jutta Hülsmann von der Verbraucherzentrale NRW in Gütersloh die gängige Masche windiger Kanalsanierungsfirmen auf Kundenfang.
“Hauseigentümer sollten sich nicht von Betrügern überrumpeln lassen! Vor der Auftragserteilung sollten sie immer mehrere schriftliche Angebote einholen und sich zur Prüfung ausreichend Zeit erbitten. Betroffene sollten die Polizei über die Notrufnummer 110 rufen, wenn sie an der Haustür massiv bedrängt oder bedroht werden”, rät Kriminaldirektor Ulrich Hemicker, Leiter der Direktion Kriminalität der Kreispolizeibehörde Gütersloh.
Gemeinsam wollen die Verbraucherzentrale NRW und die Polizei gewieften Kanalhaien das unseriöse Handwerk legen.
In der Beratungsstelle geben die Verbraucherzentralen Ratsuchenden hilfreiche Tipps, um unerwarteten Attacken mit der richtigen Gegenwehr zu begegnen:
– Prüffrist bis Ende des Jahres nicht für alle: Um Schäden für Haus und Umwelt zu vermeiden, müssen zunächst Abwasserleitungen in Wasserschutzgebieten, die vor 1965 verlegt wurden, bis Ende 2015 von einem anerkannten Sachkundigen geprüft werden. Später installierte Leitungen unterliegen einer Prüffrist bis Ende 2020. Wird bei der Prüfung ein Schaden festgestellt, können sich Sanierungsfristen bis zu zehn Jahren ergeben. Hauseigentümer außerhalb von Wasserschutzgebieten sind nicht an die speziellen Prüffristen gebunden. Sie müssen jedoch für eine regelmäßige Wartung und Instandhaltung ihrer Leitungen sorgen.
– Vorheriger Leistungsvergleich angebracht: Mit der Überprüfung von Abwasserleitungen in Wasserschutzgebieten dürfen nur Betriebe beauftragt werden, deren sachkundige Mitarbeiter eigens in einer “NRW-Liste” im Internet verzeichnet sind – unter www.sadipa.it.nrw.de/sadipa. Sonst wird die Prüfung von der zuständigen Stadt beziehungsweise Gemeinde nicht anerkannt und muss ordnungsgemäß wiederholt werden. Eigentümer, die diese Vorgabe ignorieren und sich von einem scheinbar günstigen Angebot am Telefon oder an der Haustür locken lassen, müssen die abweichende Auftragserteilung meist teuer bezahlen. Denn weder Angebote noch Ausführung der Kanalhaie entsprechen den festgelegten Standards. Stattdessen bieten diese neben einer Überprüfung oft auch noch fragwürdige Folgedienstleistungen an – etwa das überflüssige Auskleiden von Leitungen. Oder sie täuschen gravierende Schäden vor, die nicht existieren, nur um sie gegen teures Geld scheinbar zu beseitigen. Ihre abschließende Bescheinigung über den Zustand und die Funktion wird von der jeweiligen Stadt nicht anerkannt. Doch jeder seriöse Betrieb wird es okay finden, wenn Kunden mehrere Angebote einholen und deren Qualität sowie Preise miteinander vergleichen, um dann in Ruhe ihre Wahl zu treffen.
– Massivem Druck widerstehen: Dubiose Firmen werden mit Schnäppchenpreisen, Finten und sogar Täuschungen versuchen, die Konkurrenz auszustechen, um an einen Auftrag zu kommen und den geforderten Rechnungsbetrag möglichst sofort zu kassieren. Wer sich hierbei stark unter Druck gesetzt fühlt, sollte bei der Polizei eine Anzeige erstatten. Hierzu ist es ratsam, die Kontaktdaten der Kanalfirma zu kennen und den Sachverhalt in allen Einzelheiten – vom Auftreten der Firma über Auftragsvergabe, Druck oder Täuschung – schildern zu können. Auch die Benennung eines Zeugen oder Fotos von den vorgenommenen Arbeiten können für die weitere Strafverfolgung dienlich sein.
– Auftrag und Vertrag widerrufen: Eigentümer, die in den eigenen vier Wänden dennoch mit ungutem Gefühl eine Unterschrift unter einen Prüf- oder Sanierungsauftrag gesetzt haben, können Schlimmeres oft verhindern, wenn sie den Vertrag innerhalb von zwei Wochen schriftlich widerrufen – am besten per Einschreiben mit Rückschein. Haben Betroffene bei Vertragsabschluss keine gesonderte schriftliche Widerrufsbelehrung erhalten, können sie den erteilten Auftrag unbegrenzt rückgängig machen.
Wer Probleme hat, einen Kanalhai loszuwerden oder aus einem dubiosen Vertrag auszusteigen, findet rechtlichen Rat in der örtlichen Beratungsstelle Gütersloh, Blessenstätte 1 (in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek) oder beim Verbrauchertelefon Kanaldichtheit der Verbraucherzentrale NRW, Telefon 0211/38 09 300 – und zwar montags und mittwochs von 9 bis 13 Uhr, dienstags und donnerstags von 13 bis 17 Uhr.
Einen Notruf in einer akuten Drucksituation nimmt die Polizei unter 110 entgegen.
Strafanzeigen können jederzeit in allen Polizeiwachen gestellt werden.
Rückfragen bitte an:
Polizei Gütersloh
Pressestelle Polizei Gütersloh
Telefon: 05241 869 0
E-Mail: pressestelle.guetersloh@polizei.nrw.de