Gütersloh. Die schnellere Abarbeitung von Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) führt dazu, dass vermehrt SGB II-Leistungen beantragt werden. Denn für anerkannte Asylbewerber ist das Jobcenter zuständig. Mehr als die Hälfte (zirka 55 Prozent) der anerkannten und leistungsberechtigten Neuzugänge im Jobcenter kommt inzwischen aus dem Asylleistungsbezug. Das sind monatlich über 200 Personen in Bedarfsgemeinschaften. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales diskutierte am Montag über die aktuellen Bestandszahlen bei Migranten.
Die Zahlen der erwerbsfähigen deutschen Leistungsberechtigten und seit längerem in Deutschland lebenden Migranten gingen 2016 zurück. Umso höher sind die Zahlen der Neuzuwanderer aus den Kriegs- und Krisengebieten. Im Kreis Gütersloh warten bis zu 4.000 Menschen auf eine Entscheidung ihres Asylverfahrens. Bei einer bisherigen Anerkennungsquote in Höhe von zirka 60 Prozent sind bis zum Jahresende rund 1.500 erwerbsfähige Leistungsberechtigte prognostiziert. Obwohl eine gute Arbeitsmarktlage vorliegt und viele Unternehmen ihre Unterstützungsbereitschaft deutlich machen, ist die Integration problematisch. Das allgemeine Qualifikationsniveau der Neuzuwanderer ist im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung unterdurchschnittlich. Zirka 70 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten haben keinen Schulabschluss und über einen Berufsabschluss verfügen nur etwa 13 Prozent. Die krisenhafte Situation in den Herkunftsländern begründet berufliche Erfahrungen, die als ‚angelernt‘ bezeichnet werden können und eine Feststellung der beruflichen Eignung und Qualifikationen erschweren.
Neben geringen Kenntnissen in den Naturwissenschaften und Mathematik sind die größten Defizite im Bereich der deutschen Sprache zu finden. Diese ist Grundvoraussetzung für eine Arbeitsaufnahme, allein zum Beispiel um Sicherheitshinweise lesen und verstehen zu können. Da viele der Neuzuwanderer muttersprachliche Analphabeten sind und die arabische Sprache andere Schriftzeichen und eine andere Leserichtung haben, gestaltet sich der deutsche Spracherwerb schwierig.
Das BAMF bietet inzwischen fast 100 laufende Kurse zur Sprachförderung in zwölf Kommunen im Kreisgebiet an und obwohl es auch an weiteren Stellen Angebote gibt, sind die Wartezeiten lang. Gründe dafür sind zu wenig qualifiziertes Lehr- und Administrationspersonal sowie Raumnot. Allerdings, so die Verwaltung in ihrer Vorlage für den Ausschuss, sei im Vergleich zu vielen anderen Regionen die Sprachförderung im Kreis Gütersloh bereits gut ausgebaut. Die Abstimmung mit dem zuständigen Regionalkoordinator des BAMF sei eng und vertrauensvoll. Für 2017 werden zirka 1000 Absolventen für die erste Stufe der Sprachförderung prognostiziert.
Neben der arbeitsmarktlichen Beratung und Integrationsarbeit der Arbeitsagentur während des Asylverfahrens, bietet das Jobcenter spezialisierte Arbeitsberatung für anerkannte Flüchtlinge an. Zusätzlich hat das Jobcenter 260 Maßnahmen für ein zielgerichtetes Coaching eingekauft. Diese sollen helfen, den Spracherwerb zu verbessern und eine erfolgsversprechende berufliche Perspektive zu erarbeiten. Weitere 40 Maßnahmenplätze stehen zur Verfügung, um den Neuzuwanderern nach Beendigung der Sprachförderung bei der Orientierung in den Wirtschaftsbereichen im Kreisgebiet zu helfen und erste Praktika zu vermitteln. Im Herbst 2016 ist ein Pilotprojekt bewilligt worden, welches helfen soll Neuzuwanderer durch unternehmensbezogene Anpassungsqualifizierungen schnell und effektiv in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. Außerdem hat das Jobcenter zur Unterstützung des Teams Mitarbeiter mit Arabisch-Kenntnissen einstellen können, um bei Einzel- und Gruppengesprächen zu unterstützen und Informationsmaterial zu übersetzen.