Lichtenau-Dalheim (lwl). Das Musik- und Theaterfestival Dalheimer Sommer wagt in seiner 23. Spielzeit die Erneuerung. Unter dem Motto “Revolution!” sollen zeitgenössisches Theater, ein Gastspiel des Berliner Ensembles und prominent besetzte Lesungen neue Besucher für das Festival im LWL-Museum für Klosterkultur in Lichtenau-Dalheim gewinnen. Unter Intendanz des österreichischen Schauspielers und Regisseurs Harald Schwaiger laden vom 7. bis 23. August 2020 insgesamt 13 hochklassige Veranstaltungen in das ehemalige Kloster Dalheim (Kreis Paderborn) ein.
Zum Beginn des Kartenvorverkaufs am 8. November präsentierten die Veranstalter Stiftung Kloster Dalheim und Verein der Freunde des Klosters Dalheim e.V. jetzt den Festivalkalender.
Frischer Wind für Traditions-Festival
“Der Dalheimer Sommer gehört zum Erbgut des Klosters Dalheim. Er besteht seit über 20 Jahren und damit länger als das Museum, das das öffentliche Bild des Ortes heute prägt”, kennzeichnet der Geschäftsführer der Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur, Dr. Ingo Grabowsky die traditionsreiche Veranstaltungsreihe. Zuletzt sah sich das einst ausverkaufte Festival allerdings mit mangelnder Resonanz konfrontiert – Zeit für einen Neustart unter neuer Intendanz. Grabowsky: “Mit Harald Schwaiger bekommt der Dalheimer Sommer eine Intendantenpersönlichkeit, die dem Festival neue Impulse geben wird, ohne dabei dessen ursprünglichen Charakter aus dem Blick zu verlieren. Als Schauspielprofi erwarten wir uns von ihm vor allem in der Sparte Theater neue Ideen.” Eine weitere Neuerung wird es künftig geben: Mit dieser Spielzeit findet der Dalheimer Sommer im jährlichen Wechsel mit dem Dalheimer Freiluftfestival Sommernachtslieder statt.
Raus aus der Komfortzone
Auf den Spuren bahnbrechender Musiker, Schriftstellerinnen und Philosophen haben sich die Festivalmacher für die kommende Sommer-Spielzeit das Motto “Revolution!” auf die Fahne geschrieben. Werke von Beethoven, Hannah Arendt und Paul Simon stehen zum Beispiel auf der künstlerischen Agenda. Sie alle haben einen gemeinsamen Nenner. Intendant Schwaiger: “Ob musikalisches oder literarisches Genie – diese Werke waren oder sind für ihre Zeit revolutionär. Sie nehmen keine Rücksicht auf Komfortzonen, sondern stellen gesellschaftliche und künstlerische Ordnungen infrage. Ihre Kraft zieht uns bis heute in den Bann.” Der Intendant verspricht ein Programm, “das unsere Gäste in bester Art und Weise herausfordern und inspirieren wird”. Schwaiger will erfolgreiche Formate beibehalten und Kontinuität wahren: “Theater und Musik können im Kloster Dalheim nur erfolgreich sein, wenn sie den genius loci – den besonderen Geist dieses Ortes – würdigen.”
Prominente Mitstreiter
Für ihre Idee konnten die Festivalmacher um Schwaiger und Grabowsky prominente Unterstützerinnen gewinnen. Mit dabei sind beim Dalheimer Sommer 2020 zum Beispiel der aus Paderborn stammende Intendant des Berliner Ensembles Oliver Reese, der Burgschauspieler Wolfram Koch (Tatort Frankfurt) oder die mit dem International Emmy Award als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnete Schauspielerin Anna Schudt (Ein Schnupfen hätte auch gereicht, Der Kriminalist, Tatort Dortmund).
Schauspiel
Erstmals in der Geschichte des Festivals wird Harald Schwaiger 2020 mit dem Schauspiel “Judas” ein zeitgenössisches Theaterstück als Eigenproduktion des Dalheimer Sommers inszenieren (7., 16., 21.8.). Das Stück aus der Feder des Schriftstellers Walter Jens rührt an die Grundfesten des christlichen Selbstverständnisses: War es wirklich Verrat? Oder war Judas’ Handeln ein Akt des Gehorsam im göttlichen Plan für die Menschheit? In der Klosterkirche spielt und spricht Harald Schwaiger die Verteidigungsrede eines menschlichen und zweifelnden Judas, der an der Last seines Schicksals zerbricht. Schwaiger wird an der Orgel begleitet von Christian Drengk.
Fürs heitere Fach kommt das österreichisch-deutsche Schauspiel-Ensemble “austroPott” mit Yasmina Rezas “Der Gott des Gemetzels” ins Kloster Dalheim (9.,13., 14.8.). Die Komödie, dank der Verfilmung durch Roman Polanski einem großen Publikum bekannt, blickt hinter die Fassaden des gesellschaftlichen Miteinanders: Zwei Ehepaare versuchen den Streit ihrer Söhne zu schlichten. Die zunächst gesittete Debatte entwickelt sich zu einem bissigen Schlagabtausch. Was auf der einen Seite das Publikum vergnügt, hinterlässt es auf der anderen Seite ebenso nachdenklich.
Lesungen
Im Rahmen eines neu geschaffenen Formats lesen prominente Gäste Klassiker der Weltliteratur: Unter dem Motto “Revolution!” präsentiert Schauspieler Wolfram Koch Auszüge aus dem Werk von Hannah Arendt und Stefan Zweig (Sternstunden der Menschheit) – begleitet durch das “Acoustic Groove Duo” mit Tony Kaltenberg und Carsten Hormes (22.8.). Anna Schudt nimmt ihr Publikum unter dem Titel “Die Dämonen” mit in die russische Klassik rund um ihren wohl berühmtesten Vertreter Fjodor Dostojewski (23.8.). Sie wird musikalisch begleitet durch das Voirin Quartett, das den Spuren der Revolution in der klassischen Musik nachspürt. Nico Holonics (Berliner Ensemble) spricht und spielt “Die Blechtrommel” (Günter Grass) mit einer Einführung und unter szenischer Leitung von Oliver Reese (Intendant Berliner Ensemble, 16.8.).
Konzerte
Klavier und Orchester sorgen stehen am Beginn des Dalheimer Sommers: Das Kammerorchester Hannover (Leitung Hans-Christian Euler) und der Pianist Hinrich Alpers geben Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 in C-Dur und Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 in Es-Dur (7.8.). Bewährte Formate wie die Konzerte Alter Musik bleiben erhalten. Mit dem “teatro del mondo” kommt ein dem Dalheimer Publikum vertrautes Spitzenensemble nach Dalheim. Die Musikerinnen um Andreas Küppers präsentieren gemeinsam mit der Sopranistin Sunhae Im unter dem Titel “Didone abbandonata” Opernarien des 18. Jahrhunderts (15.08.). Geistliche Musik von Johann Sebastian Bach, Georg Philipp Telemann rund um Georg Friedrich Händels “Neun deutsche Arien” (1725) gibt es vom Ensemble Tremoniae um den Organisten Christian Drengk (19.8.).
Paul Simon’s Graceland
Als Paul Simon 1986 nach Südafrika reiste, um ein Album gemeinsam mit südafrikanischen Musikern aufzunehmen, war die Arbeit im Apartheidregime nicht unumstritten. Das Ergebnis aber mit Millionen verkauften Alben, 26 Mal Platin für “Graceland” und zwei “Grammy-Awards” war ein großer Erfolg, den Paul Simon mit den bis dahin unbekannten Musikern aus Südafrika teilen konnte. Die Poesie und Inspiration des Weltstars aus New York und die Energie und Spontaneität der afrikanischen Musiker fanden zueinander. Zum Abschluss des Dalheimer Sommers bringt die “Central Park Band” den Sound von Paul Simons Album “Graceland” in die Konzert- und Theaterscheune Neuer Schafstall (23.8.).
Verein der Freunde des Klosters Dalheim e.V.
Der Verein der Freunde des Klosters Dalheim rief den Dalheimer Sommer Anfang der 1990er Jahre ins Leben. Der Vereinsvorsitzende Hans-Dieter Seidensticker ist gespannt auf den Neubeginn: “Kultur lebt durch Weiterentwicklung. Sie braucht den Mut zur Veränderung. Stillstand ist keine Lösung. Der Dalheimer Sommer muss sich verändern, damit die Festivalgemeinde weiter-wächst.” Angesichts des kommenden Programms äußerte sich Seidensticker zuversichtlich, neue Besuchergruppen für das Festival gewinnen zu können.
Sponsoren
Der Dalheimer Sommer 2020 wird unterstützt von Bette, der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung, von Erna Maria und Dr. Ulrich Greiffenhagen, dem Kreis Paderborn, Böllhoff, idee. der creativmarkt, dSPACE, den Volksbanken im Kreis Paderborn, der Stadt Lichtenau und der Kirchenmusikstiftung Ziegler.
Familienfreundlich: Sonderpreise für Kinder- und Jugendliche
Für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre gilt eine Ermäßigung von 50 Prozent für alle Veranstaltungen und alle Plätze.
Vorteil für Festival-Besucher
Mit ihrer Dalheimer Sommer-Eintrittskarte haben Festivalbesucher am Veranstaltungstag freien Eintritt in das Museum und die Klostergärten.
Karten (ab 10 Euro) gibt es ab 8. November 2019 unter Telefon 05292 9319-224 (Mo-Fr 9-17 Uhr) und über die Festival-Website.
Termine
Fr, 7. August, 19 Uhr
Kirche Harald Schwaiger und Christian Drengk (Orgel)
JUDAS. Schauspiel von Walter Jens (Premiere)
Sa, 08. August, 19 Uhr
Neuer Schafstall Kammerorchester Hannover (Leitung: Hans-Christian Euler) und Hinrich Alpers (Klavier)
Beethoven und Mozart. Klavierkonzert
So, 09. August, 18 Uhr
Neuer Schafstall Ensemble austroPott
Der Gott des Gemetzels. Schauspiel von Yasmina Reza
Do, 13. August, 19 Uhr Neuer Schafstall Ensemble austroPott
Der Gott des Gemetzels. Schauspiel von Yasmina Reza
Fr, 14. August, 19 Uhr
Neuer Schafstall Ensemble austroPott
Der Gott des Gemetzels. Schauspiel von Yasmina Reza
Sa, 15. August, 19 Uhr
Kirche Teatro del mondo und Sunhae Im (Sopran)
Didone abbandonata. Italienische Opernarien
des 18. Jahrhunderts
So, 16. August, 12 Uhr Kirche Harald Schwaiger und Christian Drengk (Orgel)
JUDAS. Schauspiel von Walter Jens
So, 16. August, 18 Uhr
Neuer Schafstall Nico Holonics (Berliner Ensemble) spricht und spielt “Die Blechtrommel” (Günter Grass) – Einführung und szenische Leitung Oliver Reese (Intendant Berliner Ensemble)
Mi, 19. August, 19 Uhr
Kirche Ensemble Tremoniae und Christian Drengk (Orgel)
Händel, Bach, Vivaldi. Geistliche Arien
Fr, 21. August, 19 Uhr
Kirche Harald Schwaiger und Christian Drengk (Orgel)
JUDAS. Schauspiel von Walter Jens
Sa, 22. August, 19 Uhr Neuer Schafstall Revolution!
Wolfram Koch liest Hannah Arendt und Stefan Zweig
So, 23. August, 12 Uhr
Neuer Schafstall
Die Dämonen.
Anna Schudt liest russische Klassik
18 Uhr
Neuer Schafstall Central Park Band
Paul Simon`s Graceland
Hintergrund
Intendanz
Der österreichische Schauspieler und Produzent Harald Schwaiger (45) steht in den kommenden drei Spielzeiten (bis 2024) an der Spitze des Dalheimer Sommers. Der neue Ideengeber des Musik- und Theaterfestivals im Kloster Dalheim studierte am Mozarteum Salzburg und wirkte unter anderem am Deutschen Nationaltheater Weimar, am Düsseldorfer Schauspielhaus und am Schauspiel Dortmund. Er verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Kulturbetrieb und soll das Festival behutsam modernisieren. Einen Schwerpunkt seiner Intendanz sieht der zweifache Familienvater darin, ein jüngeres Publikum für die Veranstaltungen des Dalheimer Sommers zu begeistern.
Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur
Die Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur ist eines der 18 Museen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und Deutschlands einziges Landesmuseum für klösterliche Kulturgeschichte. Es wird gemeinsam vom LWL und der Stiftung Kloster Dalheim getragen und ist beheimatet in dem rund 800 Jahre alten ehemaligen Kloster Dalheim. Ausgehend von der eigenen Geschichte lädt das Haus ein, die Welt der europäischen Klosterkultur zu entdecken. Zum Museum gehören ein Wirtshaus und ein Klosterladen. Jährlich finden zahlreiche Veranstaltungen im Kloster Dalheim statt.
https://www.lwl.org/LWL/Kultur/kloster-dalheim/
Stiftung Kloster Dalheim
LWL-Landesmuseum für Klosterkultur
“Dalheimer Sommer”
Am Kloster 9
33165 Lichtenau
Telefon: (05292) 9319-0
Fax: (05292) 9319-119
E-Mail: kloster-dalheim@lwl.org
https://www.lwl.org/LWL/Kultur/kloster-dalheim/