#RhedaWiedenbrück (pbm). Rokaja Abulhasan ist 22 Jahre jung und vor kurzem ihren Meisterbrief im Friseurhandwerk bekommen. Heute lächelt sie stolz und selbstbewusst mit ihrem Meisterbrief in der Hand und ihrem T-Shirt mit der Aufschrift „Haare gut – alles gut!“ in die Kamera. Das klingt im ersten Moment vielleicht nicht so spektakulär, doch die Geschichte der jungen Frau ist alles andere als normal.
Rokaja wurde in Palästina geboren. Als sie neun Jahre alt war, zwangen ständige Unruhen und immer wieder Angst vor Terror und Gewalt die Familie dazu, ihr Land zu verlassen. Die Abulhasans kamen als Flüchtlinge 2003 nach Rheda-Wiedenbrück. Flüchtlingsberaterin Marita Sieben erinnert sich noch gut daran. In der Lessingstraße fanden sie zunächst im Übergangsheim Unterschlupf. Rokaja kam in die dritte Klasse ohne auch nur ein einziges Wort Deutsch zu verstehen oder sprechen zu können. Die Klasse wiederholte sie. Ihr Ehrgeiz, schnell diese für sie völlig neue Sprache zu lernen, half ihr dabei zügig voran zu kommen. Nach der vierten Klasse kam sie zur Matthias-Claudius-Schule. Schon in der siebten Klasse hätte sie zur Realschule wechseln können, doch ihr damaliger Schulleiter Reinhard Mader gab ihr den Rat zu bleiben und den Realschulabschluss dort zu machen. Ihr dreiwöchiges Schulpraktikum absolvierte Rokaja im Friseursalon Müer an der Oelder Straße. Das machte ihr sehr viel Spaß und auch Ursula Müer war von der Jugendlichen und ihrem Engagement begeistert. Sie war jedoch sehr zurückhaltend. „Ich erinnere mich noch gut, dass ich zu Rokaja sagte, dass ihre Noten sich verbessern müssten und sie etwas forscher werden müsse, dann könnte ich mir vorstellen, ihr eine Lehrstelle zu geben“, erzählt Ursula Müer. Ein Jahr später legte Rokaja ihr ein durchweg verbessertes Zeugnis auf den Tresen und bekam dafür die Lehrstelle. „Das schrie nach Ehrgeiz pur“, meint Ursula Müer und sollte damit auch Recht behalten. Rokaja zeigte echtes Talent, war kritikfähig, hatte eine tolle Auffassungsgabe und war bei den Kunden durch ihre sympathische Art sehr beliebt. Ihre dreijährige Ausbildung absolvierte sie mit einer glatten zwei. Ursula Müer bestärkte sie darin, sofort ihren Meister dran zu hängen. Das machte Rokaja in Bielefeld. Seit Ende April hat sie nun ihren Meisterbrief und nicht nur sie ist stolz, sondern auch die Menschen, die ihr in den letzten 13 Jahren geholfen haben. Das ist Marita Sieben von der Flüchtlingshilfe, die schon immer an die junge Frau geglaubt hat, weil sie so viel Energie hat. Hadija Destanovic, die mit Rokaja oft Hausaufgaben gemacht hat und ihr gerade in der ersten Zeit oft helfen konnte. Stolz sind auch die Eltern, die ihr die nötige Freiheit gaben sich zu integrieren und natürlich ihre Chefin Ursula Müer. Manchmal kann Rokaja es selbst kaum glauben, dass vom ersten Tag im neuen Land bis heute erst 13 Jahre vergangen sind und sie so viel erreicht hat. Sie weiß, dass man selbst auch ganz viel Motivation benötigt um das zu schaffen – und Menschen, die an einen glauben. Ursula Müer hatte kein Problem damit, eine junge Migrantin einzustellen. „Ich lasse meistens mein Bauchgefühl sprechen und das war bei Rokaja gut. Auch der neue Geschäftsführer im Salon Müer, Marcel Kornfeld, ist von Rokaja begeistert und freut sich, sie in seinem elfköpfigen Team zu haben.