Rietberg. Der mögliche Aufbau eines Glasfasernetzes in Rietberg rückt näher: Die Stadtwerke Soest haben bei der Stadt Rietberg einen Antrag auf die so genannte „Überlassung der erforderlichen Wegerechte“ gemäß Telekommunikationsgesetz gestellt. Damit untermauert das Unternehmen seine Absichten, rasch mit einem Ausbau beginnen zu wollen. Der Rat der Stadt Rietberg wird sich am Donnerstag, 15. Dezember, ab 18 Uhr erneut mit dem Thema beschäftigen.
Was den Antrag auf Überlassung der Wegerechte betrifft, besteht nach Telekommunikationsgesetz (Paragraf 68 Folgende) ein Rechtsanspruch auf die Überlassung, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Mitbestimmen können Verwaltung und politische Gremien hingegen bei der Frage, wie tief gebuddelt wird, um das Glasfaser in die Erde zu bringen, und in welcher Form die Verkehrsflächen nach Abschluss der Tiefbauarbeiten auszusehen haben. Diese technischen Fragen werden Fachleute aus dem Rietberger Rathaus zeitnah mit den Stadtwerken abstimmen. Ebenso den weiteren Zeitplan.
Trennung von Netzausbau und Einstieg in Energievertrieb
Bürgermeister Andreas Sunder hatte in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses in Vorbereitung auf die Ratssitzung den aktuellen Planungsstand erläutert. Er erklärte, die Stadtwerke Soest beabsichtigten, eigens für den Breitbandausbau in Rietberg ein Tochterunternehmen zu gründen. „Wir bekommen die Möglichkeit, uns an dieser Gesellschaft zu beteiligen, was ich ausdrücklich begrüße“, sagte Sunder. Ob und in welcher Form das geschehen kann, müssten Rat und Verwaltung sorgfältig prüfen. Ein möglicher Einstieg der Stadt Rietberg in den Vertrieb von Strom und Gas (und auch von Telekommunikationsprodukten) wird ab sofort unabhängig vom Aufbau eines Glasfasernetzes betrachtet. „Zunächst hatten die Stadtwerke uns ein Gesamtpaket angeboten. Sie wollten den Breitbandausbau gern in Kombination mit dem Vertrieb von Strom und Gas umsetzen. Das ist jetzt allerdings nicht mehr möglich“, betonte der Bürgermeister. Grund dafür ist ein Mitbewerber, der sich in Rietberg ins Gespräch gebracht hat: die Deutsche Glasfaser. Aus vergaberechtlichen Gründen müssten nun beide Verfahren voneinander getrennt werden. Sofern der Stadtrat seine Zustimmung gibt, wird die Stadtverwaltung für die mögliche Gründung einer Gesellschaft zum Energievertrieb gemeinsam mit einem strategischen Partner einen Teilnahmewettbewerb ausschreiben. So haben mehrere Anbieter die Chance, sich zu bewerben.
Kein belastbares Angebot der Deutschen Glasfaser
Warum eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Glasfaser aus seiner Sicht derzeit nicht in Frage kommt, erläuterte Stadtoberhaupt Andreas Sunder in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses: „Das Unternehmen hat uns schriftlich kein konkretes Angebot vorgelegt. Weder wissen wir, in welchen Gebieten sie ausbauen wollen, noch kenne ich Zeitpläne oder belastbare Detailinformationen.“ Hinzu komme, dass die Deutsche Glasfaser ein Engagement in Rietberg an die Bedingung gekoppelt habe, keine eigene Markterkundung vorzunehmen. Vielmehr war gewünscht worden, die Ergebnisse und Verträge der Firma Helinet zu übernehmen. Dazu ist Helinet wiederum nicht bereit. „Sie bevorzugen für Rietberg eine Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Soest. Das ist verständlich, weil Helinet ein Tochterunternehmen der Stadtwerke ist“, informierte der Bürgermeister.
Breitband-Berater Dr. Martin Fornefeld präsentiert erste Ergebnisse
Dass aus einer Schwäche schnell eine Stärke werden kann, betonte Dr. Martin Fornefeld vom Büro Micus. Der Berater begleitet den „Masterplan Breitband“ für die Stadt Rietberg und präsentierte im Haupt- und Finanzausschuss erste Ergebnisse seiner Analyse. „Sie haben das große Glück, dass bei Ihnen kein Kabelanbieter aktiv ist. Deshalb ist der Ausbau mit Glasfaser für Investoren überhaupt interessant.“ Das sei dort, wo Anbieter wie beispielsweise Unity Media über Kabel einen schnellen Internetzugang gewährleisten, nicht der Fall. Aus dem „im ganzen Kreis Gütersloh am schlechtesten mit Breitband versorgten Gebiet Rietberg“ könne künftig eine Stadt werden, die mit Glasfaser über die nachhaltigste und zukunftsorientierteste Technologie verfüge.
Experte rät: Zweigleisig fahren
Dr. Fornefeld empfiehlt für Rietberg eine zweigleisige Strategie: Den Glasfaserausbau für Rietberg, Mastholte, Mastholte-Süd und möglichst auch Neuenkirchen inklusive aller Gewerbegebiete einerseits und eine Verbesserung der Versorgung in den Außenbereichen beispielsweise über Vectoring andererseits. Letzteres bedeutet: Über das bis zu den Verteilerkästen reichende Glasfaserkabel wird das Signal via Kupferkabel bis in die Haushalte weitergeleitet. „Sie haben etwa 1564 Haushalte, die außerhalb der Ausbaugebiete liegen. Von 18 Kabelverteilerkästen in diesen Außenbereichen weisen 17 eine deutliche Unterversorgung auf“, erklärte Dr. Fornefeld. Wenn diese Verteilerstellen mit Vectoring leistungsfähiger gemacht würden, seien die Außenbereiche für die nächsten fünf bis sieben Jahre sehr gut versorgt. Danach müsse man weitersehen. Fest stehe: „Einen Anschluss der Außenbereiche an ein Glasfasernetz, das bis zum Haus reicht, sehe ich in den nächsten zehn Jahren noch nicht.“ Für das Vectoring etwa, das in erster Linie die Deutsche Telekom anbiete, könne die Stadt Rietberg problemlos Fördergelder beantragen, um Wirtschaftlichkeitslücken zu schließen.
Variante für Varensell: Güterslohs Netze anzapfen
Für den Stadtteil Varensell sieht Fornefeld möglicherweise eine Lösung, die bisher noch nicht in Erwägung gezogen worden ist: „Es könnte sich lohnen, das Glasfaserkabel in Gütersloh anzuzapfen und bis in die Varenseller Haushalte zu führen. Die Entfernung ist überschaubar.“ Diesbezüglich stellte er in Aussicht, Gespräche mit dem Anbieter Bitel (ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Bielefeld und Gütersloh) zu führen, um auszuloten, ob man deren Knotenpunkt auf Gütersloher Gebiet anzapfen kann.
Stadtwerke-Netz wäre für andere Anbieter frei
Zu einem künftig möglichen Betrieb des Glasfasernetzes der Stadtwerke Soest sagte Fornefeld auf Nachfrage, es werde ein offenes Netz sein, das allen Anbietern zur Verfügung gestellt wird. Das heißt, Kunden könnten dann zwischen mehreren Telekommunikationsanbietern ihren Favoriten auswählen, sofern andere Anbieter dieses Netz nutzen möchten. Das letzte Wort dazu haben die Stadtwerke Soest.