Dazu kamen Handwerker, Mitarbeiter, Unterstützer, Projektbeteiligte sowie Nachbarn und Böckstiegel-Freunde zusammen, um die Fortschritte am Museumserweiterungsbau zu feiern. Die Gäste sahen dabei gleich die Besonderheit dieses Richtfestes: Der Erweiterungsbau hat keine klassischen Dachsparren. Denn der ganze Bau wird aus Beton gegossen – auch das Dach.
Während beim Spatenstich Kinder als Vertreter der nächsten Generation im Vordergrund standen, war es dieses Mal der Nachbar und Zeitzeuge Heinrich Röper als Vertreter der älteren Generation. Der 91-Jährige hat Peter August Böckstiegel gut gekannt und begleitet interessiert den Fortschritt des Museumserweiterungsbaues bei seinen fast täglichen Besuchen auf der Baustelle.
Auf die Richtfest-Gäste wartete nicht nur der Blick auf die Baustelle, sondern auch ein Wunschbaum, den sie selber mitgestalten sollten. Mit Zimmermannsbleistiften ausgestattet, haben die Gäste ihre guten Wünsche für den Erweiterungsbau aufgeschrieben und an den Wunschbaum gehängt. Zudem hatte der Bielefelder Fotograf Veit Mette für das Fest eine kleine Überraschung vorbereitet: Auf einer Staffelei präsentierte ein gerahmtes Foto vom Künstlerhaus. 15 Exemplare dieses Fotos konnten die Gäste kaufen. Die Hälfte des Verkaufserlöses fließt der Peter-August-Böckstiegel-Stiftung als Spende zu.
Beate Behlert, Geschäftsführerin der Peter-August-Böckstiegel-Stiftung, begrüßte die Gäste auf der Baustelle. Sie dankte den Unterstützern und Freunden des Böckstiegel-Museums aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Nachbarschaft sowie den eigenen Mitarbeitern. Ganz besonderen Dank richtete sie an die Handwerker, denn ein Richtfest sei in erster Linie eine Feier für die Handwerker. „Sie haben ein ganz besonderes Verständnis für die hochkomplexe Konstruktion entwickelt und haben hier ganz hervorragende Arbeit geleistet“, sagte Behlert und zeigte sich zufrieden mit der Mannschaft und dem Fortschritt des Baues.
Anschließend schritten die Mitarbeiter von BIG-Glowienka (Paderborn) zur Tat und zogen den Richtkranz hoch. Der Richtspruch erfolgte im Dialog mit dem künftigen Hausherren David Riedel, Künstlerischer Leiter des Museums.
Der Erweiterungsbau
In unmittelbarer Nachbarschaft zu Böckstiegels Geburtshaus und Schaffensplatz entstehen rund 260 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche. Das Museum erhebt sich, so die Idee der Architekten, wie ein Stein aus der Obstwiese gegenüber dem Künstlerhaus. Durch Großspenden in Höhe von rund einer Million Euro wird das zunächst eingeschossig geplante Gebäude nun mit Untergeschoss für insgesamt 3,45 Millionen Euro gebaut. Die Ausstellungsfläche wächst von derzeit knapp 90 Quadratmetern im denkmalgeschützten Künstlerhaus auf insgesamt 350 Quadratmeter. Ein Raum mit 65 Quadratmetern für die Kunstvermittlung befindet sich an zentraler Stelle im Haus. Zudem entstehen ein Museums-Shop und -Café. Unterstützt wird der Neubau durch Mittel des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, der innogy SE und der NRW-Stiftung.
Im zweiten Halbjahr 2017 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein und das Museum eröffnet werden. Dann werden Werke aus dem über 1.300 Arbeiten zählenden Fundus der Böckstiegel-Stiftung zu sehen sein, die bislang weitgehend in Depots verborgen blieben.
Peter August Böckstiegel – Der Künstler
Im Böckstiegel-Haus können Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle, Grafiken und Plastiken aus dem Nachlass des Künstlers Peter August Böckstiegel, geboren am 07.04.1889, besichtigt werden, der neben Wilhelm Morgner und August Macke als bedeutendster Vertreter des westfälischen Expressionismus gilt. Nach dem Besuch der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Bielefeld begann Böckstiegel ein Studium an der Kunstakademie Dresden, das durch den Ersten Weltkrieg jäh unterbrochen wurde. Ab 1920 wurden Dresden in den Wintermonaten und Arrode im Sommer Böckstiegels Lebensmittelpunkte. Immer wieder kehrte er in sein Elternhaus zurück und schuf ein großes, eigenständiges Werk, das ab den 1920er-Jahren in ganz Deutschland ausgestellt wurde. Bei der Bombardierung der Stadt Dresden im Februar 1945 wurden sein Atelier und ein großer Teil seiner Arbeiten unwiederbringlich zerstört. Böckstiegel zog daraufhin zurück nach Arrode, wo er 1951 starb.
Das Künstlerhaus
Das Geburtshaus des Expressionisten Peter August Böckstiegel (1889–1951) in Werther-Arrode war immer wieder der Ausgangspunkt seines Werkes. Zeitlebens prägten sein bäuerliches Zuhause und die westfälische Heimat in Arrode das künstlerische Schaffen Böckstiegels. Gleichzeitig machte er das 1826 errichtete Haus durch Atelieranbauten, eine außergewöhnliche Farbgebung, Schnitzereien, Mosaike und Glasfenster zum einzigartigen Künstlerhaus. Nach Böckstiegels Tod bewohnten seine Witwe Hanna (1894–1988) und die Kinder Sonja (1920–2005) und Vincent (1925–2007) das Haus und machten es interessierten Kunstfreunden zugänglich.
Seit dem 18.12.2008 widmet sich die Peter-August-Böckstiegel-Stiftung dem Erhalt des Hauses und der Pflege des über 1000 Kunstwerke, aber auch Briefe und historische Dokumente, umfassenden Erbes des Künstlers. Zugleich bemüht sich die Stiftung um eine behutsame Verwandlung des unter Denkmalschutz stehenden Böckstiegel-Hauses in ein kleines Künstlermuseum. Wichtige Unterstützer der Stiftung sind der P.A. Böckstiegel-Freundeskreis e.V., dessen Mitglieder sich für den Erhalt und die Vermittlung von Böckstiegels Werk einsetzen, sowie die ‚Böckstiegel-Stadt‘ Werther und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, die sich gemeinsam mit dem Kreis Gütersloh und dem Sparkassenverband Westfalen-Lippe für das Böckstiegel-Haus engagieren. Seit 2012 führt Kunsthistoriker David Riedel das Haus als künstlerischer Leiter. Kleine Sonderausstellungen und ein attraktives Programm der Kunstvermittlung haben die jährlichen Besucherzahlen um das Vier- bis Fünffache steigen lassen. Damit sind die Kapazitätsgrenzen des denkmalgeschützten Hauses erreicht und ein Erweiterungsbau wurde nötig.